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Ich weiß nicht, ob ich die folgende, sehr kurze Kurzgeschichte schon einmal gebloggt habe. Sie schlummert schon länger auf meiner Festplatte. Eben – ich bin eigentlich auf der Suche nach einer Rechnung *arrgh* – habe ich sie wiederentdeckt. Viel Spaß!

Gretas Blumen
 

Vergnügt vor sich hin summend schob Greta ihren Wagen durch das Gartencenter. Eine große Anzahl blühender Pflanzen und duftender Kräutertöpfchen füllte ihn bereits bis auf die kleinste Lücke. Glücklich betrachtete sie immer wieder die bunten Farben, hob ab und an eine der Pflanzen heraus, um daran zu schnuppern, und setzte sie wieder zurück. Eine dicke Hummel hatte die Mitfahr­gelegenheit ergriffen und sich in einer Rosenblüte verkrochen. Greta hörte nur ihr Brummen.
Als sie an den blauen Verbenen vorbeikam, zögerte sie einen Moment. Dann musste das Basilikumtöpfchen den Wagen verlassen, um der neuen Schönheit Platz zu machen. Greta stellte es flink zu den anderen Pflanzen und schaute sich verstohlen um. Ob das irgendjemand bemerkt hatte? Es wäre natürlich richtiger gewesen, sie hätte das Küchenkraut dorthin zurückgebracht, wo sie es vor zehn Minuten mitgenommen hatte. Aber dann hätte sie ja den ganzen Weg zurücklaufen müssen. Nein, dazu war es eindeutig zu heiß und es gab noch so viel zu sehen.

Bewundernd hielt sie vor dem Kaskadenbrunnen an. Einige seiner glitzernden Wassertröpfchen benetzten ihr erhitztes Gesicht. Es gab so viel Schönheit hier. Sie warf einen prüfenden Blick in den Wagen. Ob diese Temperaturen ihren Lieblingen nicht schaden würden? Nein, alles war in Ordnung.
Ein Mann gesellte sich zu ihr.
„Guten Tag, Greta. Sie haben heute aber eine wundervolle Auswahl getroffen.“
Greta sah ihm in die verschmitzt zwinkernden Augen, lächelte und nickte.
„Sind sie nicht schön? Ich liebe sie alle. Aber jetzt tun mir meine Füße weh. Sie wissen schon. Ich glaube, ich sollte nach Hause gehn.“
Behutsam schob sie den Wagen in den Schatten einer Palme, hob die Hand zum Gruß, drehte sich um und ging.

Der Gärtner schaute der alten Dame noch einen Augenblick versonnen nach. Dann ergriff er wie jeden Nachmittag den Wagen und fing an, eine Pflanze nach der anderen wieder an ihren Platz zurückzustellen.

Haiku

Betörender Duft
entströmt der Rosenblüte
mein tägliches Glück