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Heute, ihr Lieben, ist die längste Nacht des Jahres, die Thomasnacht. Morgen haben wir Wintersonnenwende und die Tage werden endlich wieder länger. Gleichzeitig ist der 21. Dezember auch der astronomische oder kalendarische Winteranfang. Typisch für Hessen: Es ist für Winter erst einmal viel zu warm. Und von den länger werdenden Tagen wird man zunächst auch nicht viel merken. Aber es ist ja gut zu wissen, dass sie länger werden. Das richtet doch auf. Oder nicht? Thomas gehörte zu den zwölf Aposteln oder Jüngern, die mit Jesus umherzogen. So die Überlieferung. Mir ist er eigentlich nur durch den Ausdruck „Du ungläubiger Thomas“ ein Begriff. Das geht darauf zurück, dass dieser Jünger zunächst an der Auferstehung Jesu zweifelte, bis er selbst die Wundmale des Auferstandenen sah. Jesus rügte ihn mit dem Satz: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Tja – ich bin zwar schon sehr früh aus der Kirche ausgetreten – gefühlt kurz nach meiner Konfirmation -, weil ich keine Antworten auf meine Fragen fand, aber ich merke doch immer wieder, wie tief in mir zumindest die Bibeltexte verankert sind.

Später gab es eine Zeit, in der ich mich sehr stark mit den Naturreligionen und mit Esoterik befasst habe. Und ich muss zugeben, dass mich die alten Rituale immer noch faszinieren und irgendwie auch mehr überzeugen als alles, was die christliche Kirche zu bieten hat. Was im Grunde nicht verwunderlich ist, wenn man weiß, dass sich das Christentum vieler uralter Feste bedient und sie nur zu christlichen Festen umgemünzt hat. Das Werden und Vergehen und wieder Neuwerden in der Natur ist überwältigend genug, da muss mir niemand Wein aus Wasser machen.

Morgen soll es übrigens zu einer interessanten Konstellation am Himmel kommen, kein Komet aber die Große Konjunktion zwischen Saturn und Jupiter. Die beiden größten Planeten unseres Sonnensystems ziehen ganz eng aneinander vorbei, dass sie fast wie  Zwillinge wirken werden. Die beiden sind am frühen Abend im Südwesten zu sehen. Beide Planeten sind so hell, dass sie schon in der frühen Abenddämmerung auftauchen. Etwa ab fünf Uhr abends, eine gute halbe Stunde nach Sonnenuntergang, ist es dunkel genug für Jupiter, für Saturn etwa eine Viertelstunde später. Ich fürchte nur, dass der Himmel so wolkenverhangen sein wird, dass wir sie nicht werden beobachten können. Und leider werden sie auch nur knapp über dem Horizont stehen. Beobachtung in Städten wird schwierig sein.

Zurück zu den Raunächten oder Rauchnächten. Es sind zwölf besondere Nächte „zwischen den Jahren„. Früher glaubte man, dass die Kräfte der Natur in diesen keine Gültigkeit haben und die Tore zur Anderswelt weit offen stünden. Mancherorts zählt man die Raunächte ab dem 21. Dezember, woanders erst ab dem 24. Dezember. In dieser Zeit werden die Häuser mit dem Verbrennen bestimmter Kräuter geräuchert, um die bösen Geister zu vertreiben. Sollt man in diesem Jahr vielleicht mal gegen Covid-19 versuchen.  Rau(h)nacht oder Rauchnacht? Wer die Bezeichnung Rau(h)nacht bevorzugt, leitet das vom  mittelhochdeutschen Wort „rûch“ (rau, haarig, zottig) ab, und denkt dabei an die bösen Geister und ihr zottiges Aussehen. Ich nehme an, dass die auch heute noch beliebten Räuchermännchen aus dem Erzgebirge ihren Ursprung ebenfalls in diesem Ritual haben. Ich würde aber reine Kräuter den üblichen Duftkegeln vorziehen, die bei mir allenfalls zu Atemnot führen.

Dieser Bursche steht seit Jahren auf unserem Kaminsims und eigentlich wollte ich ihn schon immer mal fortwerfen. Eine Schönheit ist er wirklich nicht und ich räuchere damit auch nicht. Aber irgendwie ist er sehr anhänglich.

Das war’s für heute. Ich wünsche euch noch einen gemütlichen Abend. Kommt gut in die letzte – halbe – Vorweihnachtswoche.
Das Foto mit dem Polarlicht stammt von Lukas Talab aus der kostenlosen Sammlung von picjumbo.com. Danke dafür.